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Warme Weiher

Warme Weiher

Pächter: Naturlandstiftung Lahn-Dill/Pflegegruppe AGNU Braunfels
(Im Auftrage der NLS: Dipl. Biologe Andreas Schmidt/Wetzlar)
Gesamtprojektverantwortl. AGNU: J.Bernecke
Pflegegruppe: H.Keller/B.Rosenkranz/T.Lutz/K.Schneider.

Bei dem beschriebenen Projektgebiet handelt es um sich im Wesentlichen um zwei durch einen Durchfluss miteinander verbundene Teiche, die sie umgebenden wassergeprägten Gehölzbereiche und Nassstaudenfluren sowie westlich angrenzend einen mittlerweile stark verbuschten ehemaligen Grünlandbereich. An verschiedenen Gräben und Senken des Gebietes treten bei und nach entsprechenden Wetterlagen temporäre Gewässer auf. Besonderheit des Biotopkomplexes sind die Karst-Tümpelquellen speziell im Runden Weiher, unterhalb des Grossen (Angel-)Weihers. Die Quellschüttung von 25 l pro Sekunde aus den Tiefen des Karstes hat eine konstante Wassertemperatur von ca. 12 C. im Jahresverlauf. Das ist im Sommer relativ kühl und im Winter so warm, dass die warmen Weiher nicht zufrieren. Hier kann z.B. der Eisvogel selbst bei starkem Frost noch nach Nahrungsfischen tauchen, wenn alle anderen Teiche und Bäche zugefroren sind. Bis heute erfolgt die Braunfelser Wasserversorgung teilweise aus diesem Quellsystem (Betzenborn).

Im Osten wird das Gebiet durch den Iserbach begrenzt in den die Teiche, durch zwei Betonrinnen vom oberen Teich („Langer Weiher“) aus, entwässern. Weiter wird der im Norden jenseits der K 380 befindliche „Eisweiher“ mit Wasser aus dem Projektgebiet gespeist; auch der „Eisweiher“ entwässert in den Iserbach. Der im Süden direkt angrenzende „Großen Weiher“ hingegen bezieht sein Wasser direkt aus dem Iserbach. Beide Gewässer gehören nicht zum Projektgebiet. Im Westen besteht die nähere Umgebung hauptsächlich aus Laubwald. Die Gesamtfläche des Projektgebietes beträgt 23.000 m2.

Zweifellos stellt das System eine natürliche Besonderheit als Karstquelle dar, wie sie in dieser Form in der Umgebung von Braunfels einmalig ist. Es liegt zwischen den stark intervenierten Teichsystemen des Großen Weihers und des Eisweihers und bildet ein vom Menschen geprägtes aber weitgehend wieder von der Natur in Besitz genommenes Refugium mit dem Potenzial, ein dem System des Iserbaches in weiten Bereichen genommenes Begleitsystem in einem kleinen Abschnitt zu ersetzen. Diese Funktion als beruhigter Naturraum basiert ganz wesentlich darin, dass der Bereich der Weiher über lange Zeit weitgehend unzugänglich und sich selbst überlassen war, und das macht das Areal für Eisvogel und Wasserralle attraktiv.

Ergänzend zur Entwicklungsgeschichte des Weihergebietes noch einige Informationen, die Joachim Bernecke zur Historie der Weiher zusammengetragen hat.
Dem Brauereibesitzer Ernst Wahl (auch Naturschützer in Braunfels gemeinsam mit Otto Gieß, Vogelwart, Naturmaler und Zeichner geb.1911- gest. 2000)), er pachtete die Weiher vom fürstlichen Haus, diente der Lange Weiher als Ziergeflügel- und Fischteich (Aale und Karpfen) bis zu seinem Tod im Jahre 1986. Danach kaufte die Stadt Braunfels die Warmen Weiher und die dazugehörigen Gebäude (Wahl`sches Haus oder „Ballo“ Hütte) vom fürstlichen Haus und den unterhalb gelegenen Eisweiher von der Brauerei Wahl. Auch über den oberhalb der Warmen Weihern gelegenen Großen Weiher gibt es kaum Unterlagen. Es wird angenommen, dass der See- und Teichgräber Dietrich Halm hier gegraben hat. Dieser heiratete 1648 Juliane Weber aus Altenkirchen. 1680 führte ein Steg über den Weiher zu Weiherinsel. 1696 erhöhte ein Sohn von Dietrich Halm den Damm am großen Weiher – der als Fischteich angelegt bis heute diesem Zweck dient. Nach dem Landschaftsplan der Stadt Braunfels ist das „Gebiet langer und runder Weiher ein Quell- und Tümpelgebiet, somit ein nach § 23 HeNatG geschützter Lebensraum. Der Bereich ist als absolute Ruhezone für den Naturschutz sicherzustellen. Vorkommen von Eisvogel, Teichralle, Heidelibelle und Mosaikjungfer unterstreichen die ökologische Wertigkeit.

Warme Weiher

Nachhaltige Pflege: Kontinuität und Tatkraft stützen das Projekt „Warme Weiher“. Foto: AGNU Braunfels

Eindeutig die höchste Gefährdungsstufe und damit Schutzwürdigkeit hat die Tümpelquelle („Runder Weiher“) selbst. Weiterhin schützenswert sind zweifellos alle sonstigen im Weihergebiet vorkommenden Grundwasseraustritte, sowie permanent und temporär wasserführende Gräben, Mulden und Senken. Alle autochthonen Gehölzstrukturen im Gebiet auf nassen, feuchten und frischen Standorten besitzen hohe Schutzwürdigkeit. Wobei gilt: je nasser – desto wertvoller. Bezüglich der im Weihergebiet beobachteten Fauna verwundert es wenig, dass es sich bei den allermeisten vorgefundenen Rote-Liste-Arten, um Arten wassergeprägter Lebensräume handelt. Hierzu zählen natürlich Quellblasenschnecke und Große Teichmuschel; nahezu alle gefährdeten Käferarten gehören hier direkt (hygrophil) oder indirekt (Bruchwald, Totholz) dazu, der kleine Eisvogel (Tagfalter) ebenfalls, Libellen, Fische und Amphibien sowieso, von den Reptilien vor allem die Ringelnatter. Von den gefährdeten Vögeln u.a. die Enten, Rallen und der Eisvogel sowie unter den Säugern die Wasserspitzmaus und die Wasserfledermaus.

Der „Warme Weiher” untergliedert sich in einen höher gelegenen „runden” Teich, aus dem das Wasser über eine Schwelle in den „langen” Teich strömt. Das Wasser des Warmen Weihers tritt aus verschiedenen Quellen am Rande und am Grund des runden Teichs aus dem Massenkalk hervor, was der Grund für eine beträchtliche Wasserhärte ist. Einige tiefere Stellen des langen Teichs lassen ebenfalls erkennen, dass auch hier verschiedene Quellen austreten. Auffällig ist der dichte, sattgrüne Bewuchs von großen Bereichen des langen Teichs mit amphibischen Pflanzen, die im flachen Wasser wurzeln und weit aus dem Wasser herausragen. Es handelt sich um die Brunnenkresse, die in der Küche vielfach verwendet wird und der eine Reihe gesundheitsfördernder Wirkungen zugeschrieben wird. Dass trotz des durchweg feinschlammigen Grundes das Wasser in allen Bereichen glasklar ist erklärt sich aus dem starken Wasserdurchsatz. Der massive Durchfluss des Quellwassers verhindert eine wesentliche Abkühlung des Wassers auch im strengsten Winter. Die Quelltemperatur, die um 10-12°C liegt, bewirkt die relativ hohe Temperatur im Winter und ist für die Namensgebung des Weihers verantwortlich. Umgekehrt wird das Gewässer im Sommer zu einem „kalten“ Weiher, bei unseren Untersuchungen haben wir im Hochsommer an keiner Stelle Temperaturen von über 14°C gefunden. Diese niedrigen Sommertemperaturen machen, zusammen mit dem starken Wasserdurchfluss und der Kalkhaltigkeit mit der sich daraus ergebenden Wasserhärte, die Besonderheit der Weiher aus. Und natürlich ihr ganz besonderer Status als natürliche Idylle gleich am Rande der Stadt – am Eingang des Naturschutzgebietes Urwaldzelle.