WETZLARER NEUE ZEITUNG
Uhus wachsen im Schloss auf – 2009 zweite Gebäudebrut im Schloss Braunfels
Braunfels (taf). Zum zweiten Mal hat das Uhupärchen vom Schloß Braunfels für Nachwuchs gesorgt. „Es war ein schlechtes Brutjahr, von den anderen zehn Uhu-Revieren im Lahn-Dill-Kreis sind keine weiteren Brutmeldungen gekommen, deshalb ist der Nachwuchs in Braunfels von großer Bedeutung“, sagt Rudolf Fippl, Kreisbeauftragter für Vogelschutz. Er kümmert sich derzeit um die Entschärfung der für Uhus und andere Vögel gefährlichen Strommasten. Denn: Das Braunfelser Uhu-Männchen hatte jüngst bei einem nächtlichen Beuteflug an einer Spannungsleitung einen tödlichen Stromstoß erlitten.
Braunfelser Vogelpaar sorgt erneut für Nachwuchs – als einziges im Lahn-Dill-Kreis
140 Brutpaare der Eulenart, die ausgewachsen eine Flügelspannweite von 1,70 Metern erreicht, gibt es derzeit in Hessen, berichtet Fippl, Leiter des Arbeitskreises Lahn-Dill der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON). Eines davon brütet seit zwei Jahren in Braunfels – erfolgreich. „Für den Lahn-Dill-Kreis war es 2008 die erste Uhubrut in einem Gebäude überhaupt“, so Fippl. Ab Ende März hatte sich auch dieses Jahr das Uhuweibchen in die gleiche Bruthöhle zurückgezogen, ab Ende April waren erste Anzeichen für Nachwuchs deutlich, Mitte Mai waren die beiden Jung-Uhus dann gelegentlich im einsehbaren Bereich der Bruthöhle zu sehen.
„Als sie aus ihrem Nest rauskamen, hatten wir viel Besuch“, erzählt Hausmeister und Mitarbeiter der AG Natur und Umweltschutz Braunfels (AGNU), Bernd Rosenkranz, der Schloss auf kümmert. „Mit bester Technik ausgerüstete Fotografen und Naturfilmer verbrachten ihre Tage ums Schloss, in den Abendstunden kamen auch wieder zahlreiche Braunfelser zu ,ihren‘ Uhus“, berichtet Joachim Bernecke von der Arbeitsgemeinschaft Umwelt im Stadtmarketing. Die Besucher seien rücksichtsvoll und die Uhus dadurch nicht gestört worden. „Wichtig für uns war, die Menschen in den Gesprächen aufzuklären, dass abgesehen von einer Ratte, im Vorjahr einem Kaninchen, keine größeren Säuger zum Beutespektrum des Uhus gehörten und damit auch keine Gefahr zum Beispiel für Katzen von ihnen ausgeht“, so Bernecke.
„Im Juni sprangen die Jungen, noch flugunfähig, dann aus dem Nest. Einer marschierte gleich los und musste an einer öffentlichen Straße eingefangen und in den geschützten Bereich zurück gebracht werden. Nach zirka drei Wochen waren die Jungen flugfähig und begannen, die unmittelbare Gegend zu erkunden“, schreibt Naturfotograf Dr. Siegmar Bergfeld, der die Entwicklung der Jungtiere im Schloss fotografisch dokumentiert und eine Auswahl seiner Bilder und Tagebucheintragungen dieser Zeitung zur Verfügung gestellt hat. „Seit rund vier Wochen haben die Junguhus das Revier verlassen, aber sie sind nicht allzu weit weg“, sagt Rosenkranz. Dass die Brut im Schlossgemäuer in diesem Jahr von besonderer Bedeutung war, ist den Braunfelser Naturschützern bewusst. Mögliche Gründe für das ansonsten schlechte Brutjahr können schlechte Witterungsbedingungen, Nahrungsmangel durch geringe Mäusepopulation oder Veränderungen im Nahrungsangebot durch intensivere Landnutzung sein. Seit rund vier Wochen haben die Junguhus das Revier verlassen.
Doch auch Strommasten mit nicht isolierten Anschlüssen stellen eine Gefahr für die Vögel dar: So wurde das Männchen der Braunfelser Uhus im Juli bei einem nächtlichen Beuteflug bei Schöffengrund/Laufdorf durch einen Stromstoß getötet – und noch mit der Igelbeute in der Kralle vor Ort gefunden. „Kurz darauf kam auch noch ein zweiter, diesmal weiblicher Uhu in Altenkirchen an einem Strommasten zu Tode. Wir befürchteten schon, nun sei auch noch die Mutter tot,was wohl für die Junguhus schlimme Folgen gehabt hätte. Dieser Verdacht bestätigte sich aber nicht“, sagt Joachim Bernecke.
Um die Entschärfung der für Uhus und andere Großvögel (Greifvögel, Schwarzstorch) gefährlichen Strommasten kümmern sich inzwischen Mitarbeiter der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON). „Die E.ONMitte, als betroffener Strom-Netzbetreiber, hat sich sofort sehr kooperativ gezeigt“, sagt Rudolf Fippl, gleichzeitig Leiter des HGON-Arbeitskreises Lahn-Dill, der sich gestern bereits mit den Verantwortlichen zusammengesetzt hat. Das Hessische Naturschutzgesetz sehe ohnehin eine Entschärfung von Strommasten vor, die Großvögeln gefährlich werden können. „Mit Gummi-Isolationskappen können die Anschlüsse isoliert werden“, so Fippl. Vordringliches Ziel der Naturschützer sei es, zunächst alle Gefahrenpunkte im Aktionsgebiet der Braunfelser Uhus zu beseitigen.
Dort gibt es inzwischen wieder positive Entwicklungen: Hausmeister Bernd Rosenkranz hat inzwischen bestätigt, dass sich in den vergangenen Tagen wieder ein Männchen bei der Uhu-Dame am Schloss eingefunden hat. „Wenn die beiden zusammenbleiben, könnte es nächstes Jahrwieder eine erfolgreiche Uhubrut geben“, hofft er. „Die Uhu-Dame macht sich gerade sehr rar, aber an klaren kalten Tagen sind die beiden jetzt abends zu hören“, sagt Rosenkranz.
Uhufans haben im Internet unter www.natursicht.de die Möglichkeit, mehr über die Jungvögel in Braunfels zu erfahren.
Quelle WNZ 16.10.2009