Seit der Verlegung einer Ferngasleitung im Jahre 2007 und nachfolgenden Renaturierungsarbeiten durch die Eon/Ruhrgas ist die Braunfelser AGNU in Kooperation mit der Naturlandstiftung Lahn-Dill (Pächter zahlreicher Flächen im Gebiet) und der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie u. Naturschutz (HGON) um die Entwicklung und den Schutz dieses wunderbaren Bachauenbereiches am Weipersgrund- und Steinerbach bemüht.
Die Entwicklung dieses Projektes war einer der Hauptgründe zur Verleihung des Kreis- Naturschutzpreises an die AGNU.
Sofort nach der Beendigung der Bauarbeiten verlangte jedoch der Pächter einer teilweise vernäßten Wiese am Steinerbach von der Ruhrgas umfangreiche Entwässerungs- und Geländebegradigungsarbeiten – um dort vorrangig seinen aus einer Reitanlage anfallenden Pferdemist auszubringen, was mit den Naturschutzinteressen unvereinbar ist – da durch die Düngung die dort vorkommende Wiesenflora und Fauna unweigerlich verschwindet – quer durch die Republik ein sich permanent verstärkendes Problem.
Das Problem wurde mittlerweile (Mitte März 2011 – siehe NEWS) durch Grundstückstausch mit der Stadt Braunfels gelöst – der gesamte Wiesenbereich, oberhalb und unterhalb des Orchideestandortes ging in den Besitz der Stadt über, die es nunmehr der Naturlandstiftung zur Pflege und Entwicklung (mit der Pflegegruppe der AGNU) verpachtet. In Zusammenarbeit mit dem Neukirchener Biohof Zinke wird hier eine nachhaltige Pflegekonzeption entwickelt. Evtl. wird es auch zur Beweidung der Flächen durch die alte Nutztierrasse „Rotes Höhenvieh“ kommen. Der Einsatz von Weidevieh in begrenzter Anzahl zeigt bei weitem nicht den unerwünschten Artenverlust durch Überdüngung wie eine flächenmäßige Ausbringung.
Diese Wiese beheimatet seit langer Zeit eines der bedeutensten regionalen Vorkommen von Dactylorhiza majalis – Das Breitblättrige Knabenkraut – einer seltenen und streng geschützten Orchideenart. Diese Pflanze wächst hauptsächlich auf stickstoffarmen feuchten bis nassen Wiesen. Sie liebt unbeschattete, sonnige Standorte und blüht bereits im Mai. Infolge der Intensivierung der Grünlandwirtschaft durch Trockenlegung von Wiesen und (Stickstoff-) Pflanze geworden, deren Bestand in Hessen gefährdet ist (Rote Liste 3). Gemäß Bundesnaturschutzgesetz sind alle wild wachsenden Orchideen streng geschützt und dürfen nicht gepflückt, beschädigt oder gar ausgegraben werden.
Vor den Baumaßnahmen der Eon/Ruhrgas wurde ein Bestand von ca. 200 Exemplaren erfasst. Nach den Baumaßnahmen und den zusätzlich auf Betreiben der landwirtschaftlichen Nutzer erfolgten Eingriffen wurden dieses Jahr noch ca. 100 Exemplare erfasst. Es handelt sich um ein vitales Vorkommen, das aber wie dargestellt durch die verschiedenen Maßnahmen reduziert ist. Eine weitere landwirtschaftliche Nutzung würde durch Düngung und gewünschte Entwässerung zu einem Erlöschen des Vorkommens und einer Biotopzerstörung führen. Es besteht seitens des Nutzers Interesse an weiterer Entwässerung – was die durchgängige Bewirtschaftung der Wiese gestattet – was in vielen Jahren vor der Trassenverlegung nicht möglich war. Der ausgedehnte Orchideenbestand, der auf nasse, nährstoffarme Böden angewiesen ist, wird dieser grundlegenden Veränderung nicht gewachsen sein.
Die Stadt Braunfels und die Naturlandstiftung mit der Braunfelser AGNU waren von der EON in die finanzielle Lage zum Ankauf der Fläche versetzt worden. Die Verhandlungen mit dem Eigentümer – Egenolf GrundstücksGmbH aus Runkel – gestalteten sich jedoch derart schwierig – das der Kauf bislang nicht realisiert werden konnte. Die Angst der Braunfelser Naturschützer vor einer absichtlichen und flächendeckenden Zerstörung diese einmaligen Orchideenbestandes hatte sich zwischendurch bewahrheitet. Auf persönlichen Druck des Pächters auf einen für die EON vor Ort tätigen Subunternehmer, wurde unterhalb der Orchideenwiese mit dem Bagger ein Entwässerungsgraben ausgehoben, der den gesamten Orchideenbestand durch die massive Entwässerung sehr schnell dem sicheren Ende durch Austrocknung zugeführt hätte. Ganz wie vom Pächter gewünscht. Ein für die Braunfelser Naturschützer ausgprägter Naturfrevel, – zumal Pächter wie Eigentümer wiederholt – auch durch die Naturschutzbehörden – auf den Schutzstatus des Orchideenbestandes hingewiesen wurden.
Durch die HGON wurde Anzeige erstattet, die obere wie untere Naturschutzbehörden wurden von AGNU und HGON eingeschaltet – es gab ein gebührendes Medienecho. Später dann das Aufatmen bei den Braunfelser Naturschützern: Auf Anordnung der Oberen Naturschutzbehörde ist der Entwässerungsgraben unterhalb der Altenkirchener Wiese am Steinerbachtal von einer Rechtenbacher Firma wieder verfüllt worden. Damit hat die Auseinandersetzung um das Biotop mit einem Bestand des Breitblättrigen Knabenkrautes (Dactylorhiza Majalis) aus Sicht der AGNU (Arbeitsgemeinschaft Natur und Umwelt) ein positives Ende gefunden. Die Naturschutzbehörde ordnete daraufhin an, den Graben wieder zu füllen und den ursprüngliche Zustand herzustellen. Ihren anfänglichen Widerstand gegen die Anordnung hat die Eigentümerin der Fläche, eine Immobilienfirma aus Runkel, inzwischen aufgegeben, die Arbeiten wurden daraufhin von der E.ON in Auftrag gegeben und unter gemeinsamer Überwachung von EON und AGNU durchgeführt. Weitere Anordnungen sind, dass die Orchideenwiese nicht vor Ende Juni gemäht werden und kein Pferdemist aufgetragen werden darf.