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Weipersgrund bei Altenkirchen

Projektbeschreibung

Das Gesamtprojekt Biotopentwicklung in den Tälern des Weipersgrundbaches und des Steinerbaches zwischen Altenkirchen und Neukirchen ist eine Kooperation von Naturlandstiftung, AGNU und HGON. Es wurde initial mit der Hilfe der EON/Ruhrgas u. d. Stadt Braunfels nach der Verlegung einer Ferngasleitung durch das Tal ein Gesamtpaket biotopverbessernder Maßnahmen entwickelt – z.B. Anlage verschiedener Teiche und wechselnd feuchter Biotope – und auch weitgehend realisiert. Der Bereich befindet sich zu einem Teil in Besitz der Stadt Braunfels, die ihn an die Naturlandstiftung Lahn-Dill verpachtet hat. Die Pflege/Bewirtschaftung übernimmt der Neukirchener AGNU-Mitarbeiter und Biolandwirt Falk Zinke mit seiner Familie und/oder die Pflegegruppe der AGNU (Harry Männer, Altenkirchen – Andreas Schmidt, Wetzlar – Joachim Bernecke, Braunfels, Brigitte von Zydowitz, Braunfels – Thomas Lutz und Karin Schneider, Solms und Lothar Brehmer, Weinbach – der auch für den Fotografejob weitgehend verantwortlich zeichnet. Hier wird beständig nach neuen Mitstreiter/Innen gesucht, die bei der Pflege der vorrangig feuchten und nassen Biotope helfen wollen.

Nachfolgend Auszüge aus Pflegeplanung und Konzeption von Dipl. Biologen Andreas Schmidt, Wetzlar:

Im August/September 2006 wurden im Auftrag der Hessischen Gesellschaft für Ornithologie und Naturschutz (HGON) die Auenbereiche des Steinerbachs und des Weipersgrundbachs zwischen Braunfels-Altenkirchen und Braunfels-Neukirchen im Lahn-Dill-Kreis kartiert (insgesamt ca. 80 ha). Die vorgefundenen Biotoptypen wurden den Standard-Nutzungstypen der Hessischen „Verordnung über die Durchführung von Kompensationsmaßnahmen, Ökokonten, deren Handelbarkeit und die Festsetzung von Ausgleichsabgaben“ (Kompensationsverordnung – KV) zugeordnet. Nach einer Bewertung des aktuellen Zustandes wurden mögliche Maßnahmen zur Verbesserung der ökologischen Situation des Gewässersystems erarbeitet.

Betrachtet man unsere Wiesentäler und Talauen, so stellt man zumeist fest, daß durch die Nivellierung, Angleichung der Landschaft und den Ausbau der Gewässer z.B. Flutmulden, Auentümpel, Altarme, Überschwemmungszonen und Feuchtwiesen weitgehend verschwunden sind. Verschwunden sind damit auch die vom Vorhandensein eben solcher Strukturen abhängigen Lebensgemeinschaften. Bei den für den Weipersgrund und das Steinerbachtal angedachten ökologischen Verbesserungen handelt es sich demgemäß ganz überwiegend um (Wieder-) Vernässungsmaßnahmen, die eben diese Defizite an staunassen Bereichen sowie an feuchten Senken, temporären und permanenten Stillgewässern, infolge wasserbaulicher Eingriffe in der Vergangenheit, innerhalb des Gewässersystems zumindest teilweise ausgleichen sollen.

Weitere, über die konkreten Maßnahmenvorschläge hinausgehende Möglichkeiten zur Verbesserung der ökologische Situation im Weipersgrund und Steinerbachtal wurden angesprochen, eine vollständige Biotopkartierung wurde von Dipl. Biologen A. Schmidt/Wetzlar erstellt.

Weitere Möglichkeiten zur Verbesserung der ökologischen Situation

1. Sowohl der Weipersgrundbach, als auch der Steinerbach haben sich zum Teil sehr tief ins Gelände eingegraben (Abb. 23). Nur an wenigen Stellen sind beide Gewässer in der Lage ihre natürliche Dynamik zu entwickeln. Damit die oben näher beschriebenen Maßnahmen zur Schaffung von Auentümpeln und anderen derzeit überwiegend fehlenden auetypischen Strukturen mehr bewirken können als eine kurz- bis mittelfristige Verbesserung der Situation, sollte die Tiefenerosion der beiden Fließgewässer schnellstens gestoppt, die Gewässersohle bis kurz unter Auenniveau angehoben und damit eine Remäandrierung ermöglicht werden. Zur Revitalisierung der Gewässer sollte an geeigneten Stellen vor allem Totholz eingebracht und eingebaut werden:

„Der Rückhalt von Sediment und die damit verbundene Anhebung der Sohle kann prinzipiell auf zwei Arten erfolgen. Zum einen führt das Belassen oder ungeordnete Einbringen von Totholz zu einer Erhöhung der Sohlrauhigkeit und dadurch zu einem verringerten Strömungsangriff auf die Sohle. Dadurch kann die Tiefenerosion verringert werden und eine Akkumulation von Geschiebe bzw. Anhebung der Sohle erfolgen. Eine zweite Möglichkeit ist der Einbau von Sohlschwellen aus Totholz oder Totholz-Akkumulationen. Diese führen zu einem Aufstau im Oberlauf wo sich aufgrund der verringerten Strömungsgeschwindigkeit Sediment ablagert.“

„Entsprechend des Grundsatzes „So technisch wie nötig, so naturnah wie möglich“ können als Alternative zu den zylindrischen Sohlschwellen künstliche Totholz-Akkumulationen in das Gewässer eingebaut werden. Sie bestehen aus mehreren komplexen Totholz-Elementen mit Ästen, die miteinander verbunden werden. Diese Struktur kämmt feineres Material aus der fließenden Welle aus, dichtet sich dadurch ab und führt zu einem Aufstau. Im Gegensatz zu zylindrischen Einbauten sind diese Strukturen jedoch nicht vollständig dicht und damit für Fische besser durchgängig. Sie bilden aufgrund ihrer komplexen Form i.d.R. keinen wasserfallähnlichen Absturz und werden nur selten unterspült. Die Wirkung solcher Strukturen ist jedoch schwerer zu prognostizieren. Daher ist eine häufigere Kontrolle hinsichtlich der Wirksamkeit und möglicher unerwünschter morphologischer Entwicklungen notwendig.“ (Zitate leicht verändert aus: http://www.totholz.de/index.htm?http://www.totholz.de/ez_tief.htm)

Die Erstellung und Umsetzung eines solches Revitalisierungs-Konzeptes für den Weipersgrund- und den Steinerbach wäre unbedingt zu begrüssen. Zumindest aber sollte ab sofort die Räumung von ins Gewässer gefallenem Holz oder auch von ins Wasser ragenden Teilen der Ufervegetation definitiv unterbleiben! Die Entwicklung von natürlichen Auwaldstrukturen an geeigneten Stellen sollte zukünftig nicht weiter verhindert bzw. gezielt gefördert werden. Der Rückschnitt von Ufergehölzen (Ausnahme Kopfweiden) und die Entfernung von Totholz aus dem Uferbereich sollte ebenfalls unterbleiben. Die am Oberlauf des Weipersgrundbach in der Nähe der vorgeschlagenen Maßnahme 16 nahezu vollständige Ufer- und Sohlenverbauung sollte (vielleicht im Rahmen dieser Maßnahme) zurückgebaut werden. Die dabei anfallenden Steine können zur Anlage von Sohlschwellen Verwendung finden.

2. In der Vergangenheit wurden viele Wiesen unabhängig von der topografischen Gegebenheiten mit Drainagen versehen, um eine landwirtschaftliche Nutzung zu ermöglichen. So wurde selbst in staunassen Wiesen mit zeitweise stark anstehendem Wasser (Hangdruckwasser, Quellhorizonte) versucht zu entwässern. Mittlerweile ist der Druck zur landwirtschaftlichen Nutzung möglichst aller dazu auch nur ansatzweise geeigneten Bereiche deutlich geringer geworden, so daß viele dieser Flächen nicht mehr bewirtschaftet werden. Übrig geblieben sind z.T. die alten Drainagen. Die Regeneration solcher Bereiche durch Entfernen oder Stillegen der nicht mehr benötigten und aus Naturschutzsicht unerwünschten Drainagen wäre wünschenswert.

3. An verschiedenen Stellen im Bereich des kartierten Gebietes befinden sich aufgrund seiner bergbaulichen Vergangenheit alte Stollen, deren Eingänge verbaut sind. Zumindest einer dieser Stollen sollte insbesondere für Fledermäuse als Winterquartier zugänglich gemacht werden. Fledermausgängige Verschlüsse sollten so beschaffen sein, dass sie auch für andere Artengruppen (Lurche, Kriechtiere, Kleinsäuger, Insekten u.a.) passierbar sind.

Kirschbach bei Philippstein

Sachstand: Die praktische Realisierung des neuen Naturschutzprojektes Kirschbach ist auf dem Weg. (jb)

Am 26.8.10 brachte Stadtverordneter Joachim Bernecke (Die Grünen) den Ankauf der der Stadt angebotenen beiden Grundstücke in „der Kirschbach“ – ca. 2ha südwestlich von Philippstein – auf den Weg. Das Stadtparlament konnte dem Antrag letztlich ohne Gegenstimme folgen. Die Verhandlungen, die das Bauamt der Stadt mit der Eigentümerin der Flächen führte, sind nunmehr abgeschlossen, der Kaufvertrag unter Dach und Fach. Bis alle Umtragungen etc. aber über die amtliche Bühne gegangen sind, die Stadt also Eigentümerin ist, wird es aber doch noch zwei bis drei Monate dauern. Damit ist auch klar, dass die Räumung der Blautannen und Fichten in diesem Winter nicht mehr stattfinden kann. Wir können dann aber diese Maßnahme fest für den kommenden Winter planen. Ich freue mich schon seit über 10 Jahren darauf, dieses schöne Tälchen frei und ohne Nadelholzbewuchs zu sehen. ist die im Sinne des Naturschutzes und der Landschaftspflege bewährte Kooperation der Stadt und des Forstes mit der Naturlandstiftung als zukünftiger Pächterin und der AGNU als Pflegegruppe. Wir werden dann in nächster Zeit an der Finanzierung der Kartierung und Pflegeplanerstellung arbeiten – die in bewährter Manier von Dipl. Biologen Andreas Schmidt/Wetzlar ausgeführt werden sollte. Auch die Vergabe von klar beschriebenen Pflegemaßnahmen an externe Interessierte (Beweidung/Mahd) wird Bestandteil der Planung.

Der Ortsbeirat sowie Philippsteiner Stadtverordnete und Magisträter sind bereits vor Ort informiert. Sowie die Sache offiziell ist – werden Stadt/AGNU/NLS alle Interessierten und die Öffentlichkeit einladen, um das neue Naturschutzprojekt vorzustellen. Unsere sommerliche AGNU-Schmetterlingswanderung mit Walter Veit (NABU-Kreisvorsitzender) wird uns am 7. August zur Kirschbach führen. Eine kleine Wanderung durch das Gebiet empfehle ich aber gerade jetzt – man erkennt sehr gut, wie wasserreich das Tälchen ist und wo es überall aus der feuchten Wiese blubbert – und momentan noch gefriert. Da ich ja letztes Jahr bereits einige Exemplare der Gebänderten Prachtlibelle am Bächlein entdeckte, können wir wirklich stolz sein und uns freuen, dieses durchaus wertvolle Stück Braunfelser Natur zu sichern und zu entwickeln.